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King for a day

Wie in einer Zeitkapsel. Irgendwie abgeschnitten von Raum und Zeit, die Welt um einen herum verschwimmt. Die Bäume und Häuser werden nur verzerrte Pfeile, die in die richtige Richtung zeigen. Menschen, die noch nie von Relativitätstheorien gehört haben und denen die Zeit trotzdem durch die Finger gleitet. Unwissenheit schützt nicht. King for a day dröhnt in meine Ohren, aber es ist nicht wirklich der Soundtrack zu meinem Leben. Silverchair’s Freak, Beck’s Loser oder Radiohead’s Creep kommen da schon näher heran. Body and soul, I’m a freakKing for a day ist mein Lieblingslied von Green Day, der Ska 2Toner lässt mein Herz exponentiell vierfach schlagen. König von Deutschland, da gab es mal ein Lied von  Rio Reiser, wenn ich mich recht entsinne. Die Macht über andere, um selbst frei zu sein. Moralisch gesehen ein ziemlich beschissenes Prinzip. 
Besonders, wenn man sowohl machtlos, als auch freiheitslos ist.
Che Guevara oder eine andere Persönlichkeit von ähnlichem Kaliber hätte jetzt vermutlich so etwas gesagt, wie sich selbst das dann eben zu nehmen. Aber das sind alles Leute, die schon mit Eiern so groß wie Nuklear-Bomben geboren worden sind, das sind Revolutionäre und keine Schmalspurfahrer wie ich. Auf der Überholspur und niemals nach hinten blickend.
Wenn ich mir ausmale, was ich wirklich tun würde, wenn ich König für einen Tag wäre, dann würde ich mich vermutlich nackt auf den Platz vor dem Reichstag stellen, der Welt meinen königlichen Arsch und den hoheitlichen Mittelfinger ausstrecken. Ich würde durch die Straßen rennen und jedem den Mittelfinger zeigen und vielleicht würde man ihn sogar fotografieren und einrahmen. Vermutlich würde ich ein Gesetz gegen das Arschlochtum erlassen und gegen niveauloses Fernsehen. Radiosender dürften ausschließlich nur noch Rockmusik spielen. Bon Jovi und so was dürften sie erst gar nicht in ihrem Verteiler aufnehmen. Ich würde auf Konzerte gehen und Auto fahren. Das alles - und noch viel mehr.
Wenn man es ganz nüchtern betrachtet, ist das ebenso wenig logisch wie realistisch. Wieder höre ich den Che Guevara in meinem Hinterkopf, der mir sagt, dass ich nicht König zu sein brauche, um das tun zu können. Doch meine Welt ist kein Kuba-Krieg. Eine Unabhängigkeitsfrage klärt die Grenzen, aber es geht nicht darum, die Grenzen zu durchbrechen, sondern sie selbst zu stecken.
Endstation. Dieser Zug endet hier. Bitte in Fahrtrichtung links aussteigen., sind die Worte, die einen Freigeist ersticken und in den Wahn des Alltages trotten lassen.

Personality Hopping

Du sitzt alleine an der Bar. Ein Wodka in der Kralle, ein Bier wirkt zu klischeehaft, und der klare Wodka hat etwas beruhigendes an sich. Als würden die Seelen der Menschheit auf einmal transparent und durchschaubar sein, sobald man sie durch den Boden des Glases betrachtet. Oder die Maserung der Theke, die psychodelischen Muster der Natur erscheinen im Kaleidoskop der berauschten, gefilterten Sinne plötzlich atemberaubend. Du fühlst dich beobachtet, doch jedes Mal, wenn du den Blick fast hoffnungsvoll erhebst, bist du in dieser Menge von Menschen alleine. Verlegen wendest du dich deinem Freund Gorbatschow zu. Lieber den Blick nicht schweifen lassen, sonst wirkt man verbittert, sobald man entlarvt wird, dass man nicht auf jemanden wartet. Beziehungsweise auf jemanden wartet, der es noch nicht weiß. Wie konntest du so naiv, so überheblich, so größenwahnsinnig sein, zu glauben, jemand würde dich bemerken? Du verabschiedest dich von deinem Wodka, lässt ihn ersetzen. In diesem Moment spürst du einen Blick auf dir, fängst ihn ein, erwiderst ihn, doch er hält unbeschämt stand. "Ich bin Elias", sagt er. - "Schön für dich. Ich nicht" Das hast du aus einem Film. Oder aus einem Buch, aber du traust deinen eigenen Worten nicht, traust ihnen nicht zu, dass sie Menschen im Gedächtnis bleiben würden. Du schämst dich etweder deiner Person oder deines Auftretens. "Was du nicht?" Es klappt nicht wie im Film oder im Buch. Enttäuschung macht sich in deinem Gesicht breit, der gerissene, freche, schlagkräftige Schleier um dich, den du selbst mit den Ausdünstungen erzeugt hast, verblasst. "Ich bin nicht Elias." - "Du hast mich angeschaut", wechselt er das Thema, ohne auf deine Nierderlage der Kommunikation einzugehen. "Weil du mich angeschaut hast. Ich habe deinen Blick auf mir ruhen gespürt." - "Aber du hast es nicht gesehen, also hast du zuerst geguckt." - "Ach Quatsch! Das ist wie mit der Schwerkraft oder Amerika - es war schon da, bevor es Newton oder Kolumbus aufgefallen ist." Ich wende mich in mich hinein schmunzelnd von dir ab. In Kneipen - dem nährreichsten Milieu der Parasitenforschung - bekommt man viele Rollen mit, aber diejenigen, die am Meisten vom Drehbuch abweichen, sind diese, die man sich am Meisten selbst zutraut.